Eine Klasse fuer sich - Roman by Julian Fellowes

Eine Klasse fuer sich - Roman by Julian Fellowes

Autor:Julian Fellowes
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: C Bertelsmann
veröffentlicht: 2011-05-26T04:00:00+00:00


Aus dem großen Abstand lässt es sich nicht mit Sicherheit sagen, aber ich glaube, dass Ascot erst nach dem Queen Charlotte’s Ball stattfand. Schon vor diesem Rennen war ich Joanna Langley mehrmals begegnet, aber an diesem Tag begann unsere Freundschaft, und noch heute denke ich gern, dass wir wirklich befreundet waren. An diesem Tag begriff ich auch, dass Joanna ein Kind der neuen Zeit war; wir anderen spielten nur die Jugend unserer Eltern nach.

Ascot hat als gesellschaftliches Ereignis heute beinahe ausgedient. Der Sprecher Ihrer Majestät kam zu dem zweifellos vernünftigen Schluss, die Veranstaltung sei für Freunde des Pferderennsports und zur Unterhaltung von Firmengästen gedacht und habe kostendeckend zu wirtschaften. Also wurden bei der wunderbaren neuen Haupttribüne die Ehrenplätze des Königlichen Haushalts (die einzige Vergünstigung, die den armen Höflingen für das viele unbezahlte Lächeln und Herumstehen noch geblieben war) und andere obskure Privilegien gestrichen, und auch der berühmte Zuschauerbereich für die königliche Familie entfiel in der neuen Anlage. Sobald sich der Hof nicht mehr willkommen fühlte, suchten sich viele seiner Mitglieder für diese Tage andere Zerstreuungen, und nach ihrem Rückzug blieben, so sicher wie die Nacht dem Tage folgt, erst die elegante Welt und als Nächstes die von gesellschaftlichem Ehrgeiz Getriebenen fern, die ohnehin nicht viel mit Pferden im Sinn hatten. Bald werden die meisten dieser Besucher Ascot den Rücken kehren, wahrscheinlich für immer, denn wenn britische Aristokraten einmal die Möglichkeit erhalten, sich einer gesellschaftlichen Verpflichtung zu entziehen, lässt sich die Sache schwer wieder anleiern. Manch einer wird sagen, es sei höchste Zeit gewesen, und die Pferdenarren werden froh sein, dass die Pferde wieder im Mittelpunkt stehen. Ob uns das heutige Ascot noch gefällt oder nicht, damals hatten wir jedenfalls einen Heidenspaß.

In jenem Jahr hatte ich mich der Familie eines Mädchens namens Minna Bunting angeschlossen. Minnas Vater bekleidete ein Amt im Buckinghampalast und trug einen dieser altehrwürdigen Titel – vielleicht »Schatzmeister der Königlichen Privatschatulle« –, der seinem Inhaber nebst anderen Privilegien eine Parkmöglichkeit in Ascot bot, und dies auf dem Parkplatz für die Mitglieder des königlichen Hofs. Direkt gegenüber dem Haupteingang gelegen, galt er immer als sehr schick, obwohl es sich nur um einen öden Asphaltplatz gleich neben den penetrant riechenden Stallungen handelte, der nur über eine einzige, eigentlich für die Stallburschen gedachte Toilette verfügte. Auf der einen Seite bot eine halb verfallene Scheune etwas Schutz, auf der anderen Seite spendeten ein paar aufgelassene Pony-boxen ein wenig Schatten. Sonst gab es dort nichts als reihenweise Autos, bewacht allerdings von den denkbar freundlichsten Wächtern, was den Parkplatz ungemein aufwertete. So mancher beneidete mich glühend darum, dass ich mein Picknick dort einnehmen durfte, auch wenn die Wucht des Odeurs das Schlucken zuweilen erschwerte.

Eine Weile waren Minna und ich voneinander recht angetan, auch wenn von stürmischer Leidenschaft nicht die Rede sein konnte. Wir gingen ein paarmal miteinander essen, und ich weiß nicht, warum die Sache letztlich im Sand verlief. Bei Beziehungen, die längst im Nebel der Vergangenheit versunken sind, ist es verblüffend schwer, den eigenen Beweggründen auf die Spur zu kommen. Im Nachhinein scheinen



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